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In den letzten zehn Jahren wurden Traubenkernextrakte und andere pflanzliche Polyphenole als partielle Alternativen zu Vitamin E im Tierfutter vorgestellt. Diese Behauptung stützt sich auf die Behauptung, dass bestimmte Polyphenole, insbesondere wasserlösliche Flavonoide, entzündungshemmende, antikarzinogene und antioxidative Eigenschaften besitzen. Angesichts der Tatsache, dass Vitamin E ein bewährtes biologisches Antioxidans ist, kann der Gedanke, einen Teil des Vitamins in Futtermitteln durch Polyphenole zu ersetzen, verlockend erscheinen - vor allem, wenn die Vitamin-E-Preise hoch sind. Bei näherer Betrachtung ist bei solchen Ersetzungen jedoch Vorsicht geboten.
Bei den Polyphenolen handelt es sich nicht um eine einzige Verbindung, sondern um eine chemisch vielfältige Gruppe von über 6 500 verschiedenen Molekülen, die in einer Vielzahl von Pflanzen vorkommen, darunter Weintrauben, Beeren, Soja und Kohlgemüse. Während einige Polyphenole beim Menschen mit gesundheitlichen Vorteilen in Verbindung gebracht werden - am bekanntesten ist der Zusammenhang zwischen Weinpolyphenolen und der Verringerung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen -, ist ihre Wirkung bei Tieren weniger eindeutig nachgewiesen.
Die Forschung hat gezeigt, dass bestimmte Polyphenole die Immunität und die Fleischqualität bei Tieren verbessern können. Allerdings sind nicht alle Polyphenole nützlich. Einige hochmolekulare Polyphenole können ernährungshemmende Wirkungen haben, indem sie Verdauungsenzyme hemmen und die Wachstumsleistung verringern. Andere weisen eine pro-oxidative Aktivität auf, die die Protein- und Fettverdauung beeinträchtigen kann.
Die Heterogenität der Polyphenole bedeutet, dass ihre biologischen Wirkungen nicht verallgemeinert werden können, und die Annahme, dass sie Vitamin E direkt ersetzen können, erfordert eine solide wissenschaftliche Validierung
Ein kritischer Streitpunkt ist der Nachweis, dass Polyphenole biologische Antioxidantien sind. Im Jahr 2013 kam Dr. P. Surai zu dem Schluss, dass solche Behauptungen nicht ausreichend belegt sind, insbesondere wenn sie auf In-vitro-Tests beruhen. Viele Polyphenole, die unter Laborbedingungen eine antioxidative Wirkung zeigen, werden im Magen-Darm-Trakt in Formen umgewandelt, die nicht mehr die gleiche Wirkung haben.
Außerdem werden Polyphenole im Allgemeinen schlecht vom Darm aufgenommen, wobei die Bioverfügbarkeit oft zwischen 10 % und 50 % liegt. Diese geringe Aufnahme führt zu minimalen Konzentrationen in den Zielgeweben, so dass es schwierig ist, eine sinnvolle antioxidative Wirkung in vivo nachzuweisen.
Im Gegensatz dazu wird Vitamin E effizient absorbiert, lässt sich leicht im Gewebe nachweisen, und seine antioxidative Rolle ist durch jahrzehntelange Forschung gut belegt.
In der Europäischen Union sind die meisten polyphenolhaltigen Futtermittelzusatzstoffe - wie z. B. Traubenkernextrakte - lediglich als sensorische Zusatzstoffe (Aromastoffe) und nicht als ernährungsphysiologische Antioxidantien zugelassen. Ein bemerkenswerter Fall ereignete sich im Jahr 2023, als bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ein Antrag auf Registrierung eines Traubenkernextrakts als zootechnischer Zusatzstoff für Geflügel eingereicht wurde, und zwar unter der Funktionsgruppe "Stabilisatoren des physiologischen Zustands" mit der beabsichtigten Wirkung, die antioxidative Aktivität zu stimulieren.
Während die EFSA keine größeren Sicherheitsbedenken feststellte, wurden Stabilitätsprobleme beobachtet, die bei einigen Vormischungen nach sechsmonatiger Lagerung zu Aktivitätsverlusten von über 20 % führten. Vor allem aber kam die EFSA zu dem Schluss, dass die vorgelegten Nachweise nicht ausreichen, um eine antioxidative Wirkung in vivo bei Masthühnern oder Legehennen zu bestätigen. Daher ist Traubenkernextrakt in der EU weiterhin nur als sensorischer Zusatzstoff zugelassen.
EFSA 2023 Bewertung: Traubenkernextrakt für Geflügel
Zusatzstoff-Typ: Vorgeschlagen als zootechnischer Zusatzstoff - Funktionsgruppe Stabilisatoren des physiologischen Zustands (antioxidative Wirkung).
Spezies: Alles Geflügel.
Die wichtigsten Ergebnisse:
Trotz der fehlenden gesetzlichen Anerkennung werden einige kommerzielle Produkte auf Polyphenolbasis als "Vitamin E-Äquivalent" vermarktet. Diese Praxis wirft sowohl rechtliche als auch praktische Fragen auf:
In der Praxis bedeuten diese Einschränkungen, dass die Angabe der Äquivalenz von Vitamin E auf den Etiketten von Futtermitteln sowohl wissenschaftlich unbegründet als auch rechtlich fragwürdig ist.
Die Motivation, die Futterkosten zu senken, ist zwar verständlich - vor allem in Zeiten hoher Vitamin E-Preise -, doch die potenziellen Risiken einer teilweisen Substitution durch unerprobte Alternativen können erheblich sein. Ein verminderter Schutz durch Antioxidantien könnte die Gesundheit, die Leistung und die Produktqualität der Tiere beeinträchtigen und zu finanziellen Verlusten führen, die die kurzfristigen Einsparungen weit übersteigen.
Polyphenole sind eine chemisch vielfältige Gruppe von Verbindungen mit potenziellem Nutzen für die Tierernährung, aber ihre Rolle als biologische Antioxidantien in vivo ist für die meisten Anwendungen noch nicht bewiesen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen in der EU erkennen sie derzeit in erster Linie als Aromastoffe und nicht als Antioxidantien für die Ernährung an, und die jüngste Bewertung der EFSA unterstreicht die Schwierigkeit, eine solche Anerkennung zu erreichen.
Solange keine schlüssigen, reproduzierbaren Beweise vorliegen - gestützt durch stabile Formulierungen und zuverlässige Analysemethoden - sollte Vitamin E nicht auf der Grundlage einer angenommenen Äquivalenz ersetzt werden. Bei der Formulierung von Futtermitteln sind wissenschaftliche Strenge und die Einhaltung von Vorschriften nach wie vor die beste Garantie dafür, dass die Tiergesundheit und die Produktionsergebnisse nicht beeinträchtigt werden.
20 August 2025
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